23.07.2020
Jeder langjährige Wohnmobilfahrer mit Auslandserfahrung, der Stell- anstatt Campingplätze anfährt, kennt die Unterschiede. Hinzugekommene Neucamper sind jedoch oft über die Unterschiede erstaunt, wenn sie in ein Nachbarland reisen.
Mit Sicherheit hat jeder, und das Gott sei Dank, eine andere Vorstellung von Urlaub und Reiseziel. Während der eine die Nordsee, der nächste die Ostsee oder das Mittelgebirge liebt, reisen andere lieber ins Allgäu oder ins Ausland - und alle müssen dort mit den Gegebenheiten und dem Preis klarkommen.
Anlass für diesen Artikel war, wegen der Grenzschließung zu Frankreich, unsere diesjährige Deutschlandreise. Mehrere und unterschiedliche Arten von Stellplätzen waren uns in Deutschland schon vorher bekannt, aber nun möchten wir ein Resümee ziehen und die wichtigsten Unterschiede zu französischen Stellplätze aufzeigen.
Stellplätze
Glaubt man den Zahlen der entsprechenden nationalen Stellplatzführer, so sind in Deutschland etwa 4.700 Stellplätze und in Frankreich etwa 9.500 Plätze verzeichnet.
In beiden Ländern werden die Plätze entweder von der Gemeinde oder Stadt, Privatpersonen oder Betreibern verwaltet. Auch der Zugang zum Stellplatz ist überall unterschiedlich, teils mit Schranke, Parkautomat oder in Deutschland oft auch durch eine Rezeption.
Wegweiser
Neben den bekannten Piktogrammen findet man folgende Hinweisschilder:
Aire de service Camping Car = Ver- und Entsorgungsstation, oft mit Stellplatz
Stationement Camping Car = Stell- bzw. Parkplatz für Wohnmobile, meist ohne Ver- und Entsorgungsstation
Parking Camping Car = Parkplatz für Wohnmobile. Am Platz sind evt. Zeitbeschränkungen zu beachten.
Zugangs- und Zahlungssysteme
Die gängigsten Systeme erklären wir Ihnen mit Anleitung auf dieser Seite.
Ver- und Entsorgungsstationen (V+E)
Neben vielen Eigenbauten sind auf französischen Plätzen überwiegend die Systeme von "Aires de Services", "Flot Bleu" vorzufinden, deren Zahlung via Kreditkarte oder Jetons erfolgt, sehr selten nur noch mit Bargeld. Bei Zahlung mit Jeton, ist auf der Säule vermerkt, wo Sie diese im Ort erwerben können, meist im Rathaus oder im Office du tourisme. Dies ist unangenehm, wenn man die Säule z.B. spät abends anfährt. Da nach unserer Erfahrung insgesamt vier verschiedenen Jetontypen in Frankreich möglich sind, lohnt es sich nicht immer, direkt mehr zu kaufen, da die nächste Säule mit Sicherheit einen anderen Jeton verlangt. Näheres hierzu hier.
Zahlung
Während in Deutschland noch die Bargeldzahlung am Stellplatz- und Zahlungsterminal noch weit verbreitet ist, kann in Frankreich fast nur noch mit Kreditkarte (VISA oder Mastercard) bezahlt werden, auch Kleinbeträge von 2-3€ an der V+E Station.
für uns hierfür nicht relevant.
Preise in Frankreich
Auch hier gibt es diverse kleine Preisgestaltungen, wie zum Beispiel:
Von vielen unterschiedlichen und komplizierten Zahlungs-Terminals einmal abgesehen, sind haarsträubende Preise und Preislisten an der Küste von Nord- und Ostsee, im Alpenland, aber auch bei einigen Wohnmobilparks/Reisemobilhäfen im Inland an der Tagesordnung, die schon exorbitante Ausmaße annehmen. Wer sich hier vom "Grundpreis" (meist der in Apps und Führern genannte Preis) blenden lässt, den erwartet oft eine böse Überraschung. So gibt zahlreiche Plätze, die zum Stellplatzpreis sogar die Anzahl der Personen berechnen, außerdem werden Extrakosten (unterschiedliche Berechnung und Preise je nach Platz) für Frischwasser, Abwasser, WC-Leerung, Stromanschlussgebühr, Stromverbrauch nach kw/h, Aufpreis je nach Stellplatzlage (1. oder 2. Reihe), Dusche, WC, Wlan usw. berechnet. Als Sahnehäubchen wird dazu noch die Kurtaxe von bis zu 3 € je Tag und Person fällig.
Wir haben selbst an der Nord- und Ostsee-Küste mehrere bekannte und hochgelobte Plätze kennengelernt, an denen mit den Zusatzkosten für zwei Personen incl. Wlan, V+E, Strom und Kurtaxe über 30 € pro Tag fällig wurden. Dazu stand man teilweise Tür an Tür zum Nachbarn.
Fazit
Wer nicht unbedingt die Küste oder andere Hotspots sucht, kann auch in Deutschland einen preiswerten Wohnmobil-Urlaub verbringen. Bei einer Reise ans Meer ist jedoch Frankreich der absolute Preis-Leistung-Sieger, mit unzähligen Stellplätzen am Meer
Nicht nur Corona, auch die gestiegenen Zulassungszahlen von Wohnmobilen haben viele Betreiber veranlasst, die Preise in Deutschland extrem zu erhöhen. In Frankreich dagegen blieben die meisten Plätze stabil, und andere erhöhten teilweise nur im einstelligen Prozentbereich. Da viele nur 2-3 Wochen im Jahr in den Urlaub fahren, sind denen die Preise häufig egal. Doch was passiert, wenn der Hype abbricht und die Auslastungsrate sinkt? Wenn die Neueinsteiger wieder zum All-Inclusive-Urlaub zurückkehren, weil sie merken, dass Camping unterm Strich doch nicht billiger war und unter Berücksichtigung der gesamten Fahrzeugkosten, sowie bei Nutzung von 5-Sterne-Campingplätzen in der Hochsaison sogar teurer ist. Statt die Preise zu senken, werden sicherlich viele Stellplätze schließen.
Unterscheidet sich der Franzose vom Deutschen?
Die Frage kann mit "Ja" beantwortet werden, denn die Anforderungen und Wünsche der französischen Wohnmobilfahrer unterscheiden sich von den Vorstellungen ihrer deutschen Nachbarn.
Nach einer Umfrage einer frz. Wohnmobilzeitschrift haben über 60% geantwortet, dass ihnen ein einfacher Stellplatz mit V+E vollkommen ausreicht.
Glaubt man dagegen den deutschen Reise- und Wohnmobilzeitschriften, wünschen sich deren Leser Dusche, WC, Strom und Wlan auf dem Platz; welche die Kosten in die Höhe treiben und die Stellplätze fast einen Campingplatzstatus erreichen. Mit der Definition des Wohnmobilstellplatzes hat dies nichts mehr zu tun.
Alle wichtigen Themen "Rund um Stell- und Campingplätze" finden sie hier
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